Darf sich ein Apothekern durch einen Freien Mitarbeiter auf der Basis eines Honorarvertrages vertreten lassen?

Einige Kammern verbieten ihren Mitgliedern diese Praxis, ohne das es dafür eine Rechtsgrundlage gibt.

Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Berlin. Der Autor ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei Bredereck Willkomm, www.arbeitsrechtler-in.de.

1. Ausgangslage

Gemäß § 1 des Gesetzes über das Apothekenwesen (Apothekengesetz – ApoG) ist der Betrieb einer Apotheke erlaubnispflichtig. Die Erlaubnis gilt nur für den Apotheker, dem sie erteilt ist und für die in der Erlaubnisurkunde bezeichneten Räume. Gemäß § 2 Abs. 2 der Verordnung über den Betrieb von Apotheken (ApoBetrO) hat der Apothekenleiter die Apotheke persönlich zu leiten. Er ist dafür verantwortlich, dass die Apotheke unter Beachtung der geltenden Vorschriften betrieben wird. Gemäß § 2 Abs. 5 ApoBetrO muss sich der Apothekenleiter, sofern er seine Verpflichtung zur persönlichen Leitung der Apotheke vorübergehend nicht selbst wahrnimmt, durch einen Apotheker vertreten lassen. Die Vertretung darf insgesamt drei Monate im Jahr nicht überschreiten, sofern die zuständige Behörde die Vertretung über diese Zeit hinaus nicht ausdrücklich genehmigt hat. Der Vertreter darf im Laufe des Jahres für verschiedene Apotheker tätig werden, solange nicht bei den einzelnen Apothekern die jeweilige höchstzulässige Vertretungszeit überschritten wird.

2. Streitstand

Übereinstimmung herrscht zunächst insoweit, als eine solche Vertretung unproblematisch im Rahmen eines (befristeten) Arbeitsverhältnisses erfolgen kann.

Meinungsverschiedenheiten gibt es in Literatur und Rechtssprechung darüber, ob die Vertretung auch im Rahmen einer Beschäftigung als Freier Mitarbeiter mit Honorarvertrag erfolgen darf.

Dies wird teilweise abgelehnt (Mecking, AWA 15.10.2010, S. 8 ff.). Die ablehnende Auffassung wird im wesentlichen damit begründet, dass der Apotheker dem Erfordernis einer persönlichen Leitung aus § 2 Abs. 2 ApoBetrO genügen muss. Dieser Anforderung könne der Apothekenleiter nur dadurch entsprechen, dass im Falle einer Vertretung alle übertragenen Betriebsabläufe weisungsgebunden abgewickelt werden (Mecking, AWA 15.10.2010, S. 8 ff.). Dies wiederum könne nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geschehen. Im Rahmen eines Honorarvertrages sei eine derartige Weisungsgebundenheit nicht herzustellen, da der Apotheker an den vorher bestimmten Arbeitsort, an die Arbeitzeiten sowie die festgelegten Aufgaben gebunden sei. Der Vertreter müsse seine Arbeitsleistung zudem persönlich erbringen und habe keinerlei wirtschaftliche Verantwortung für die Apotheke.

Gestützt wird diese Auffassung außerdem auf Beschlüsse des Landgerichts Verden vom 8.10.2009 und vom 25.11.2009, (Geschäftszeichen 2 S 154/09, www.iww.de, Abrufnummer: 101147), welche sich wiederum ohne nähere Auseinandersetzung auf Entscheidungen der Finanzgerichtsbarkeit (BFH, 20.02.1979 – VIII R 52/77, BStBl II 1979, 414; FG München, 23.07.2002 – 2 K 3177/01; EFG 2002, 1513) berufen.

Andere Auffassungen in der Literatur sehen jedenfalls die pauschale Forderung nach einer Vertretung nur im Anstellungsverhältnis als unzutreffend an und fordern eine Betrachtung des Einzelfalls (Ureta, Apothekerberater 5/2010, S.11 ff.).

3. Bewertung

Soweit eine Vertretung durch Honorarvertrag als generell unzulässig abgelehnt wird, tragen die hierfür aufgeführten Begründungen das Ergebnis nicht. Auch durch einen Honorarvertrag können alle zur Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen notwendigen Verpflichtungen auf den Auftragnehmer wirksam übertragen werden. Die Verpflichtung, die Vorschriften des Apothekengesetzes und der Verordnung über den Betrieb von Apotheken einzuhalten, dürfte sich bereits aus dem Wesen des Vertrages als solchem ergeben. Sicherheitshalber kann diese Verpflichtung durch einen pauschalen Zusatz (z.B.: Der Auftragnehmer verpflichtet sich, die Vorschriften des Apothekengesetzes und der Verordnung über den Betrieb von Apotheken einzuhalten und für deren Einhaltung durch Angestellte und sonstige Mitarbeiter zu sorgen, auch soweit diese Verpflichtungen den Apothekeninhaber treffen.) sichergestellt werden.

Die Apothekenbetriebsordnung sieht die vorübergehende Vertretung für Krankheits- oder Urlaubsfälle vor. Gerade in diesen Situationen ist der Inhaber aber nicht persönlich vor Ort. Regelmäßig wird der Auftraggeber für die Zeit der Vertretung hauptsächlich daran interessiert sein, dass das Geschäft während seiner Abwesenheit ohne große Einbußen und Schäden und vor allem ohne Gesetzesverstöße weitergeführt wird. Zu ständigen konkretisierenden Weisungen und entsprechender Kontrolle wird der Inhaber schon aufgrund seiner Abwesenheit nicht in der Lage sein. Daher spricht die gesetzlich ausdrücklich zugelassene Möglichkeit der Vertretung in diesen Fällen sogar eher gegen eine gesetzgeberische Festlegung auf eine ausschließlich arbeitsvertraglich gestaltete Vertretung.

Die in diesem Zusammenhang von den Vertretern der gegensätzlichen Auffassung zitierten Beschlüsse des Landgerichts Verden vom 8.10.2009 und vom 25.11.2009, (Geschäftszeichen 2 S 154/09, www.iww.de, Abrufnummer: 101147), berufen sich ohne nähere Auseinandersetzung mit der eigentlichen Thematik auf eine uralte Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH, 20.02.1979 – VIII R 52/77, BStBl II 1979, 414). Der Bundesfinanzhof hatte damals eine konkrete Fallkonstellation zu entscheiden, in der sowohl der Apothekeninhaber, als auch der vertretende Apotheker ausdrücklich eine Vertretung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses wollten, hierzu einen Arbeitsvertrag schlossen und Lohnsteuer abführten. Insoweit folgerichtig kommt der BFH (übrigens anders als Finanzamt und Finanzgericht) zu dem Ergebnis, dass in diesem Fall ein Arbeitsverhältnis (was auch sonst?) vorlag. Hier haben wir es aber genau mit dem umgekehrten Fall zu tun, dass die Vertragsparteien gerade kein Arbeitsverhältnis begründen wollen, keine Lohnsteuer abführen und keinen Arbeitsvertrag schließen. Sie schließen einen Honorarvertrag. Die Unzulässigkeit der Vertretung durch Honorarkräfte kann also jedenfalls nicht auf die zitierte BFH-Entscheidung gestützt werden. Da das Landgericht Verden seinerseits zur Begründung nur auf die BFH-Entscheidung verweist, helfen auch diese Entscheidungen nicht weiter. Aus Gesetzeswortlaut und Sinn und Zweck der Regelung lässt sich, wie oben ausgeführt, eine Pflicht zur Anstellung der Vertretungskräfte ebenfalls nicht herleiten.

4. Fazit

Aus den gesetzlichen Vorgaben lässt sich nicht herleiten, dass die Vertretung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erfolgen muss. Leider scheint aber eine solche Auffassung aufgrund irriger Urteilsinterpretationen aber weit verbreitet. Kammern, die ihren Mitgliedern die Vertretung durch Honorarkräfte verbieten, handeln ohne Rechtsgrundlage. Betroffene Apotheker sollten sich zur Wehr setzen.

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