Moderne Kommune für Wissensarbeiter

Digitale Nomaden leben im Coworking Space

von Ansgar Lange +++ Sindelfingen/München, Juni 2011 – Diejenigen, die selbständig arbeiten, wissen die Vorteile der Freiberuflichkeit in der Regel zu schätzen. Man ist sein eigener Chef, hat größere Freiräume, kann sich die Zeit oft besser selber einteilen, muss nicht von 9 bis 17 Uhr im Büro hocken, entgeht den üblichen Bürointrigen, hat weniger zu kämpfen mit Hierarchien und Bürokratien und so weiter. „Doch oft fällt auch einem kreativen Einzelkämpfer und Wissensarbeiter die Decke auf den Kopf. Es fehlt der gemütliche Plausch mit einem Kollegen bei einer Tasse Kaffee. Und wer immer nur im eigenen Saft schmort und sich nicht genügend mit anderen Menschen fachlich und persönlich austauschen kann, lernt die Schattenseiten der Selbständigkeit kennen. Coworking ist ein Trend, der aus den USA zu uns herübergeschwappt ist und die Vorteile der Freiberuflichkeit und der Zusammenarbeit mit anderen Kreativen vereint“, sagt Personalberater Michael Zondler, Geschäftsführer des Sindelfinger Personalberatungsunternehmens Centomo http://www.cenotomo.de. Zondlers Kerngeschäft ist die Vermittlung von sehr gut qualifizierten Experten aller Branchen in zeitlich befristete Projekte und in Festanstellungen. Er geht davon aus, dass Coworking auch in Deutschland erfolgreich sein wird. In Großstädten wie Berlin und Frankfurt gibt es dieses neue Arbeitsmodell mittlerweile auch in vielen Vierteln.

Was bedeutet Coworking konkret? Das Online-Lexikon Wikipedia erklärt den Begriff folgendermaßen: „Freiberufler, Kreative, kleinere Startups oder digitale Nomaden, die unabhängig voneinander agieren oder in unterschiedlichen Firmen und Projekten aktiv sind, arbeiten in meist größeren Räumen zusammen und können auf diese Weise voneinander profitieren.“ Coworking stellt Arbeitsplätze und die nötige Infrastruktur wie Drucker, Scanner, Telefon, Beamer, Besprechungsräume auf Tages-, Wochen- oder Monatsbasis zur Verfügung und ermöglicht so die Bildung einer Gemeinschaft (Community). Der Vorteil: Die Nutzung ist unverbindlich und zeitlich flexibel.

Die erste weltweite Coworking-Studie bestätigt diesen Befund http://www.deskmag.com/de/was-coworking-spaces-bieten-162: 70 Prozent aller Coworker mögen ihren Arbeitsplatz in ihrem derzeitigen Coworking Space und weitere 25 Prozent finden es dort immerhin okay. Die positiven Ergebnisse besitzen viele Gründe. Die meisten Befragten arbeiten seit ihrem Wechsel in einen Coworking Space motivierter (85 Prozent) und können sich besser mit anderen Personen austauschen (88 Prozent). Knapp die Hälfte arbeitet auch häufiger zusammen in Teams (57 Prozent). Mehr als jeder Zweite organisiert den Arbeitsalltag optimaler und kann zu Hause mehr entspannen. Immerhin 42 Prozent aller Coworker erzielen ein höheres Einkommen, von Einbußen seit einem Wechsel in einen Coworking Space berichten nur 5 Prozent aller Befragten.

Sina Brübach-Schlickum von der Münchner Bürogemeinschaft Combinat 56 http://www.combinat56.de hält Münchens ersten Coworking-Space für eine gute Alternative für diejenigen, die nicht im Homeoffice versauern möchten. „Ein Coworking-Space ist so etwas wie Car-Sharing für Arbeitsplätze“, so Bürbach-Schlickum gegenüber der Tageszeitung „Die Welt“. In ihrer Bürogemeinschaft arbeiten Anwälte, Steuerberater, ITler, Kulturmanager, Onlinehändler etc. Die Combinat-Geschäftsführerin macht mit einem Beispiel aus dem Leben deutlich, wie Coworking in der Praxis funktioniert: Beispielsweise miete sich ein Kommunikationscoach immer nachmittags ein, wenn seine Kinder aus der Schule kommen, und er sich in den eigenen vier Wänden nicht mehr richtig konzentrieren kann. Vormittags übernimmt meist eine Autorin seinen Schreibtisch, die in der Zeit, in der ihr Kind in der Krippe ist, an einem Drehbuch schreibt.

„Neben diesem Vorteil der zeitlichen und räumlichen Flexibilität ist auch ganz wichtig, dass sich viele Synergien ergeben. Der PR-Berater braucht vielleicht einen Rat von einem Steuerberater, während der Steuerberater vielleicht gerade einen pfiffigen Text für seine Website oder einen Flyer sucht. So kann in der zwanglosen Bürogemeinschaft im günstigen Fall sogar eine Art Tauschbörse entstehen, die es in einem normalen Bürobetrieb sicher nicht gibt“, sagt Zondler. Zudem hätten Freiberufler, die zu Hause arbeiten, oft das Problem, dass sie Arbeit und Privates zu wenig trennen. „Zu Hause gibt es oft viele Dinge, die ablenken. Man flieht vor dem Schreibtisch, weil man mal schnell die Blumen gießen will oder einen Bericht im Fernsehen schauen möchte. Freiberufler, die nicht genügend Disziplin mitbringen, haben dann oft noch abends einen vollen Schreibtisch und sitzen bis Mitternacht am Computer, weil so viel liegen geblieben ist. Dies ist nicht gut für die so genannte Work-Life-Balance. Wer morgens oder nachmittags in seinen Coworking-Space geht, trennt Arbeit und Privatleben besser. Und vielleicht hat man ja auch nach ein paar Monaten genug vom Plausch in der Teeküche und will wieder für eine gewisse Zeit ganz allein arbeiten. Entscheidend ist, dass sich Arbeitsformen modernisieren, wir für Neues offen sind und einfach Dinge ausprobieren“, meint der Personalexperte.

Zondler sieht den Trend, dass zeitnah mehr und mehr Unternehmen dazu übergehen, ihre Räumlichkeiten für dieses Modell anzubieten – quasi Inhouse Freelancing. „Die Freiberufler und die Mitarbeiter müssen ja sowieso projektgetrieben eng zusammenarbeiten, räumliche Trennung ist da oft ein Hindernis. Das ist ja auch der Grund, warum zum Beispiel bei Entwicklungsprojekten unsere Kunden oft darauf bestehen – zumindest in den entscheidenden Projektphasen -, dass die Externen Vollzeit vor Ort sein sollen. Da Unternehmen, abgesehen von Ihren Kernprozessen, immer mehr extern vergeben, werden diese Modelle sicher auch in weitere Bereiche der Unternehmen eingreifen – zum Beispiel auf Finance, Marketing, Recht, HR usw.“, so Zondler.
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