Demografie als Chance

Wie ein neuer Blick auf das Alter Wirtschaftsunternehmen stärkt

Demografie als Chance

Klaus Kissel, Geschäftsführer Kissel-Consulting, Change- und Managementberater

Der demografische Wandel in unserer Gesellschaft wird häufig nur als Problem dargestellt, ungeachtet der Chancen, die sich daraus ergeben. Wir laufen somit Gefahr, das Altern im Unternehmen nur noch als Problem zu behandeln. In vielen Unternehmen entsteht eine gewisse Art von Aktionismus im Recruiting, nach dem Motto, „Wenn wir jetzt nicht die neuen jungen Mitarbeiter für uns gewinnen, dann verlieren wir an power…“.

Wie kommen diese Aktivitäten bei den älter werdenden Mitarbeitern an? Welches Bild haben wir von der alternden Gesellschaft? Wenn wir uns einen systemischen Blick auf diese Thematik erlauben, bedeutet dies zunächst einmal, den allgemeinen Problemfokus in unserer Sprache in Frage zu stellen. Dazu gehört, dass wir das, was wir über die Dinge sagen nicht als die Dinge selbst – also als Tatsachen – verstehen.

Die Dinge sind nicht so, wie wir darüber sprechen. Aber wie wir darüber sprechen, stärkt in uns die Annahme, dass die Dinge eine Wirklichkeit wären!

Die gegenteilige Sicht erlaubt also die Frage: Warum kann der demografische Wandel eine Chance sein?

1. Eine positive Perspektive des Alterns fördert Ressourcen
Unsere Gesellschaft blickt problemfokussiert auf das Altwerden. Der sogenannte Anti-Aging-Kult stärkt den Glauben, im Alter wären wir weniger belastbar und leistungsfähig. Das nährt die allgemeine Gewissheit, dass Älterwerden etwas Schreckliches wäre. Es gibt jedoch viele alte Menschen, die nach Eintritt in das Rentenalter eine neue Beschäftigung suchen und sich neuen Herausforderungen stellen. Sicher: Es gibt biologische Abläufe die man nicht aufhalten kann. Wann jemand jedoch alt ist oder noch nicht, bestimmt in unserer Gesellschaft nicht der einzelne Mensch, der seinen Zerfall spürt, sondern die öffentliche Meinung und geschaffene Standards (wie zum Beispiel die Diskussion über das Renteneintrittsalter etc.). Der Standard bestimmt also, wann ein Mensch als weniger belastbar gilt. In Unternehmen führt dies dann zu Statements wie: „Das ist ja klar, der ist jetzt 3 Jahre vor seiner Rente, da ändert der nichts mehr…!“

Aus diesen Denkmustern und Standards ergeben sich negative Erwartungshaltungen, die wir älteren Menschen generell entgegenbringen. Wie in einer selbsterfüllenden Prophezeiung begünstigen diese Erwartungshaltungen, mit denen wir älteren Menschen entgegentreten, Fähigkeitsverluste. Diese bestätigen uns dann wiederum in der Wirklichkeitskonstruktion: „Ältere Menschen sind nicht belastbar“ (Quelle: Baltes 1996: Lehr und Niederfranke, Niederlande).

Wir können und müssen aber aus diesen Denkmustern aussteigen. Ältere Menschen werden in der kommenden Zeit zwangsläufig länger mitarbeiten. Und unter guten Voraussetzungen könnte es sein, dass dies die wirksamste Anti-Aging-Kur wird, die wir uns wünschen können. Dabei gilt es, die Ressourcen älterer Menschen individuell besser zu nutzen – nicht nach Standards ausgerichtet, sondern nach individueller Lust auf Belastbarkeit.

2. Die reifsten Unternehmen der Welt
Studien zeigen, dass ältere Menschen über eine höhere Resilienz und einen besseren Umgang mit Konflikten im Unternehmen verfügen. Sie können beispielsweise besser mit negativen Gefühlen umgehen (vgl. Rosch, Bauer und Scheier, 2005). Gerade auch die erfahrenen Mitarbeiter, die eine positive Einstellung zum Altern haben, können in Veränderungsprozessen hilfreiche Mitarbeiter sein. Denn sie können beispielsweise bei Integrationsaufgaben und der Überwindung von Krisen, Führung übernehmen. Je mehr alte Menschen in unseren Unternehmen arbeiten, umso „reifer“ werden Unternehmen. Diese Reife und dieses Wissen gilt es zu nutzen. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten können sie hilfreiche Ressourcen für den wirtschaftlichen Erfolg von Morgen sein. Gerade, wenn sie von Attributen, wie Gelassenheit oder Weitsicht begleitet sind. Wichtig ist dabei, dass Unternehmen lernen, diese Ressourcen zu nutzen. Statt ausschließlich auf die Innovationskraft der jungen dynamischen Mitarbeiter zu setzen.

Fazit:
„Der größte Irrtum junger Menschen ist ihre Vorstellung vom Alter!“ (Hermann Kesten)

Damit sich die Denkmuster in unseren Köpfen lösen, gilt es also positive Bilder des Älterwerdens zu besprechen. Dann ist es möglich, den Auswirkungen des demografischen Wandels mit einer gewissen Gelassenheit zu begegnen und den Nachwuchsproblemen, die natürlich auch angepackt werden müssen, mittelfristig Herr zu werden.

Klaus Kissel
Geschäftsführer und Change-Managementberater
Kissel-Consulting
Urbar, Koblenz
Autor der Bücher: Prinzip der minimalen Führung, 2. Auflage 2011, Windmühleverlag Hamburg; Sales-Coaching – wirksam führen im Vertrieb, 2012, Windmühleverlag

Klaus Kissel ist Geschäftsführer der Unternehmensberatung Kissel-Consulting. Er ist Organisationsentwickler, Managementcoach und Buchautor („Prinzip der minimalen Führung“ und „Sales-Coaching – Wirksam führen im Vertrieb“, beide im Windmühle Verlag Hamburg erschienen). Kissel Consulting ist Ihr Partner für zukunftsfähige und praxisorientierte Führungskonzepte.

Das Unternehmen Kissel Consulting bietet systemische Personal- und Organisationsentwicklung für Unternehmen an. Beispielsweise begleitet es Unternehmen bei Change-Projekten.

Kontakt:
Kissel Consulting
Christine Weisrock
Klostergut Besselich
56182 Urbar bei Koblenz
0049-261-9623-112
christine.weisrock@kissel-consulting.de
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