Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Juni 2013 – 2 AZR 271/12 -. Von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Volker Dineiger, Rechtsanwalt Berlin
Ausgangslage:
Personaldienstleister und Zeitarbeitsunternehmen suchen gezielt Personal für die Entleiherbetriebe. Fällt die Anforderung durch die Entleiher weg, wird der Arbeitnehmer also „abgemeldet“, dann stellt sich die Frage nach der weiteren Beschäftigung. Findet sich kein Anschlussauftrag für den einzelnen Arbeitnehmer, dann liegt der Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung nahe. So auch im vorliegenden Fall. Der Arbeitnehmer hat gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben und sich auf die fehlende soziale Rechtfertigung gemäß § 1 KSchG berufen. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben der Kündigungsschutzklage stattgegeben; das Bundesarbeitsgericht hat die Revision der Arbeitgeberin zurückgewiesen.
Eine betriebsbedingte Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt und daher wirksam, wenn die Beschäftigungsmöglichkeit wegfällt, eine Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz des Betriebes nicht möglich und zumutbar ist und der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers eine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchgeführt hat. Gekündigt werden muss der Arbeitnehmer, der unter sozialen Gesichtspunkten am wenigsten schutzwürdig ist.
Die Entscheidung:
Die wesentlichen Argumente des Bundesarbeitsgerichts für die Begründung der fehlerhaften Sozialauswahl sind folgende: der Arbeitgeber darf sich beim Vergleich der Arbeitnehmer im Hinblick auf Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung nicht nur auf die Arbeitnehmer beschränken, die bei der betroffenen Entleiherfirma eingesetzt sind oder derzeit nicht im Einsatz sind. Wenn nicht für einzelne Mitarbeiter Sonderfaktoren oder mit einzelnen Entleiherfirmen Sondervereinbarungen bestehen, muss der Arbeitgeber auch die Arbeitnehmer in die Sozialauswahl einbeziehen, die in anderen Entleiherfirmen im Einsatz sind und diese dann austauschen, wenn sie weniger sozial schutzwürdig sind.
Bewertung:
Die Entscheidung ist richtig. Die Sozialauswahl ist betriebsbezogen durchzuführen. Bei Arbeitnehmerüberlassung ist der Betrieb derjenige des AÜG-Unternehmens, nicht derjenige, in den der Arbeitnehmer überlassen wird. Der verliehene Arbeitnehmer bleibt Arbeitnehmer des AÜG-Unternehmens und wird nicht dem Betrieb des Entleihers eingegliedert. Würde sich der AÜG-Arbeitgeber bei Durchführung der Sozialauswahl auf seine Arbeitnehmer nur im Entleiherbetrieb oder ohne Einsatz beschränken können, dann würden die gesetzlichen Kriterien ins Leere laufen.
Fachanwaltstipp Arbeitgeber:
Bei der Abmeldung eines Mitarbeiters durch den Entleiher sind die Voraussetzungen der betriebsbedingten Kündigung sorgfältig zu prüfen. Die Sozialauswahl ist auf alle vergleichbaren Mitarbeiter zu erstrecken; eine Herausnahme eines Mitarbeiters ist nur unter den engen gesetzlichen Voraussetzungen möglich. Je allgemeiner das Anforderungsprofil des Entleihers ist, umso eher sind alle Mitarbeiter einzubeziehen. Eine Ausnahme gilt nur, soweit die Austauschbarkeit eines Mitarbeiters im Vertrag mit dem Entleiher ausdrücklich ausgeschlossen wird.
Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:
Bei einer betriebsbedingten Kündigung empfiehlt sich die Einreichung einer Kündigungsschutzklage. Nachdem der Arbeitnehmer aber die Beweislast für die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl trägt, sollten Informationen über andere Einsatzmöglichkeiten und die persönlichen Verhältnisse der anderen Arbeitnehmer vorhanden sein.
Bundesarbeitsgericht:
Urteil vom 20. Juni 2013 – 2 AZR 271/12 –
Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil vom 09.Dezember 2011 – 10 Sa 438/11 –
30.07.2013
Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck und Volker Dineiger, Berlin
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