MEDIEN & PARTEIEN IM CLINCH UM WAHLKAMPFTHEMEN

Wer die Wahlkampfthemen bestimmt – Parteien oder Medien -, wird jetzt erstmals für Österreich untersucht. Zu diesem Zweck werden die Wahlkämpfe der letzten 40 Jahre – einschließlich des aktuellen Wahlkampfes – im Rahmen eines Projektes des Wissenschaftsfonds FWF analysiert. Dies wird zeigen, ob die österreichische Wahlkampfkommunikation einem Prozess der „Amerikanisierung“ unterliegt. Informationen zu dem Projekt bietet auch die Veranstaltung AM PULS Nr. 8 am 10. September im Haus der Forschung.

Im Wahlkampf liefern sich nicht nur die Parteien untereinander einen erbitterten Kampf – denn Wahlkampf bedeutet auch Kampf mit den Medien. Bestimmt wird das Duell Parteien vs. Medien von der Frage: „Wer kontrolliert die Themen der Wahlkampfkampagnen?“ Denn während diese Aufgabe früher klar in der Hand der Parteien lag, übernehmen heutzutage die Medien eine immer wichtigere Rolle im politischen Wahlgeschehen – der Einfluss der Parteien sinkt hingegen.

Ob dieser Prozess der Amerikanisierung bzw. der Modernisierung auch in Österreich beobachtbar ist und falls ja wie weit er vorangeschritten ist, untersucht erstmals Dr. Gabriele Melischek, Senior Researcher an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Mitarbeiterin der Kommission für vergleichende Medien- und Kommunikationsforschung, im Rahmen eines Projektes. Dabei wird die gesamte österreichische Wahlkampfkommunikation seit dem Jahr 1966 analysiert und Veränderungen – oder auch Kontinuitäten – im österreichischen Parteien- und Mediensystem aufgedeckt. So wird die wechselseitige Beeinflussung der Systeme erkennbar werden.

Tango für zwei
Wie wichtig die gegenseitige Beziehung zwischen Medien und politischen AkteurInnen für Veränderungen in der Wahlkampfkommunikation ist, erläutert Dr. Melischek tänzerisch: „Journalismus und Politik sind wie ein Tanzpaar aufeinander angewiesen: Während der Journalismus den Zugang zu Nachrichtenquellen braucht, muss die Politik ihre Nachrichten den Wählern und Wählerinnen schnell und effizient vermitteln. Auch wenn es demnach zwei zum Tango braucht, so kann immer nur einer führen – also nur einer den Kampf um die Wahlkampfagenden bestimmen. Wer heutzutage nun tatsächlich die führende Rolle übernimmt, wollen wir im Rahmen des Projektes herausfinden.“

Dass nicht nur Parteien, sondern auch Medien ein Wahlkampfthemen bestimmender Faktor sind und damit mehr als einen bloßen Kommunikationskanal darstellen, wurde zuerst in den USA beobachtet. Folgen Länder diesem Trend, spricht man daher von einer „Amerikanisierung“, auf die folgende Indikatoren hinweisen, wie Dr. Melischek ausführt: „Treten Sachthemen in den Hintergrund und Politiker oder Politikerinnen in den Vordergrund, so ist das ein Anzeichen für eine Amerikanisierung der Wahlkampfkommunikation. Aber auch eine zunehmend negative Berichterstattung über Personen bzw. Parteiaussagen sowie Darstellungen, wer gute oder schlechte Wahlaussichten hat, weisen darauf hin.“ Diese Trends wirken sich zusammen auf die Qualität der Wahlkampfkommunikation aus – und tragen insbesondere zu einem Rückgang öffentlicher politischer Diskurse bei.

Österreich = Amerika?
Betrachtet man die Situation in Österreich, so weiß man, dass aufseiten des „Tangopartners Politik“ die Wahlkämpfe seit dem Jahr 1966 immer aggressiver geführt und damit immer mehr und auch neue Kommunikationswege gesucht wurden. Denn in diesem Jahr – in dem auch das Projekt ansetzt – ging eine Serie großer Koalitionen zu Ende. Aufseiten des „Tangopartners Journalismus“ beschränkte die Dominanz des ORF die Möglichkeiten des TV – welches normalerweise federführend im Amerikanisierungs-Prozess ist -, als wesentliches Forum für Wahlkampagnen zu dienen. Ein Gegengewicht bildete jedoch die starke Position der Tageszeitungen, welche eine mächtigere Position der Medien bei Wahlkampagnen begünstigt.

Von diesen Grundlagen ausgehend wird das FWF-Projekt nun untersuchen, ob Politik oder Medien in Österreich die Wahlkampfthemen vorgeben und kontrollieren. In der Veranstaltung AM PULS Nr. 8 am 10. September im Haus der Forschung werden weitere Details präsentiert und diskutiert.

Informationen zu AM PULS: http://www.fwf.ac.at/de/aktuelles_detail.asp?N_ID=327

Bild und Text ab Montag, 08. September 2008, 09.00 Uhr MEZ verfügbar unter:
http://www.fwf.ac.at/de/public_relations/press/pv200809-de.html

PRESSEMITTEILUNG-DETAILS
Wissenschaftlicher Kontakt:
DDr. Gabriele Melischek, M.A.
Kommission für Vergleichende
Medien- und Kommunikationsforschung
Postgasse 7
1010 Wien
T +43 / 1 / 51581-3514
E gabriele.melischek@oeaw.ac.at

Der Wissenschaftsfonds FWF:
Mag. Stefan Bernhardt
Haus der Forschung
Sensengasse 1
1090 Wien
T +43 / 1 / 505 67 40 – 8111
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