Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsecht, im Interview mit Fachanwalt für Arbeitsecht Volker Dineiger, Berlin und Essen.
In seinem Beschluss vom 20.04.2016, Az. 7 ABR 50/14, hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit der Frage beschäftigt, welche grundsätzlichen Anforderungen an die Ausstattung von Betriebsräten zu stellen sind bzw. welchen Umfang die Ansprüche von Betriebsräten auf Ausstattung mit Räumen und technischen Mitteln haben.
Fachanwalt Bredereck: Ist denn nicht eigentlich zum Thema, wie Betriebsräte bzw. Betriebsratsbüros ausgestattet werden müssen, bereits alles gesagt? Was gab es denn jetzt noch zu klären im Hinblick auf den Telefonanschluss?
Fachanwalt Dineiger: Das ist in der Tat etwas überraschend. In unserer Beratung für Betriebsräte und auch Arbeitgeber sind wir pauschal davon ausgegangen, dass ein Anspruch des Betriebsrats auf ein Telefon besteht.
Fachanwalt Bredereck: Gibt es diesen Anspruch also nicht? Welche neuen Erkenntnisse liefert denn der Beschluss des BAG?
Fachanwalt Dineiger: Am Anfang der Entscheidung findet sich zunächst erstmal nichts wirklich Neues. Zuerst wird noch einmal auf die Rechtsgrundlage für entsprechende Anträge des Betriebsrats hingewiesen.
Fachanwalt Bredereck: Da bleibt es bei § 40 Abs. 2 BetrVG oder nicht?
Fachanwalt Dineiger: Genau, der bleibt Rechtsgrundlage. Demnach muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die Sitzung, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations-und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen.
Fachanwalt Bredereck: Bei dieser Frage war doch eigentlich einzig interessant, was unter der Formulierung „in erforderlichem Umfang“ zu verstehen ist?
Fachanwalt Dineiger: So ist es, aber auch dazu gibt es nichts Neues vom BAG. Entsprechend der bisherigen Rechtsprechung ist in diesem Maßstab immer zu prüfen, ob das verlangte Sachmittel unter Berücksichtigung der betrieblichen Verhältnisse und der an den Betriebsrat gestellten Aufgaben notwendig ist. Diese Notwendigkeit ist dann noch abzuwägen mit den Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers, auf eine Begrenzung der Kostentragungspflicht achten zu dürfen. Auch das ist bisher schon geltende Rechtsprechung.
Fachanwalt Bredereck: Gilt den jetzt für das Telefon etwas anderes?
Fachanwalt Dineiger: Nein. Das BAG hat ausdrücklich dargelegt, dass diese Prüfungsmaßstäbe auch für einen Telefonanschluss eines Betriebsrats gelten. Darüber hinaus führt das BAG aber auch aus, dass nicht konkret dargelegt werden muss, dass der Telefonanschluss notwendig ist. Es ist also nicht erforderlich, dass der Betriebsrat Ausführungen dazu macht, wie oft beispielsweise Kontaktversuche stattfinden und dass dies durch die Verfügung über einen Telefonanschluss erleichtert möglich wäre. Das BAG hält den Betriebsrat also bei einem Telefonanschluss zugute, dass in der Regel davon auszugehen ist, dass ein Telefonanschluss für eine sachgerechte Betriebsratsarbeit notwendig ist.
Fachanwalt Bredereck: Das ist aber auch nicht ganz neu. Tatsächlich war diese Rechtsauffassung doch bisher schon naheliegend, warum also ein grundsätzlicher Beschluss zu dieser Sache?
Fachanwalt Dineiger: Tatsächlich war Anlass der Entscheidung ein Ausführungsproblem in diesem Anspruch. Alleine die Tatsache, dass einem Betriebsrat ein sachgerechtes Mittel zur Verfügung zu stellen ist, sagt noch nichts darüber aus, in welcher Form es ihm zur Verfügung zu stellen ist. Die Rechtsprechung überlässt das, wie auch bei Räumen, der Organisationshoheit des Arbeitgebers. Im vorliegenden Fall war es so, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat eine entsprechende Nebenstelle bzw. einen Nebenanschluss aus der allgemeinen Telekommunikations-Anlage, die betriebseinheitlich verwendet wurde, zur Verfügung gestellt hat.
Fachanwalt Bredereck: Das hat der Betriebsrat also konkret beanstandet. Was war denn das Hauptargument in diesem Fall?
Fachanwalt Dineiger: Tatsächlich hat der Betriebsrat in dem vom BAG entschiedenen Fall argumentiert, dass mit der Zurverfügungstellung einer Nebenstelle in der betriebseinheitlichen TK-Anlage der Sachausstattungsanspruch des Betriebsrats nicht in gehöriger Form erfüllt werde. Der Betriebsrat hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass diese TK-Anlage der vollständigen Kontrolle und auch Überwachung der Arbeitgeberseite unterliege. Nachdem aber die Betriebsratsarbeit der Vertraulichkeit unterliege, so der Betriebsrat in seiner Argumentation, sei die Zurverfügungstellung einer Nebenstelle nicht zulässig, weil ansonsten der Arbeitgeber grundsätzlich die Kontrollmöglichkeit auch über die Betriebsratsarbeit hätte.
Fachanwalt Bredereck: Ein interessantes Argument. Hat dieses Argument das BAG überzeugt?
Fachanwalt Dineiger: Grundsätzlich möglicherweise schon, allerdings nicht im vorliegenden Fall. Das BAG hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass, wenn die Überwachung befürchtet wird, das auch konkret dargelegt werden muss. Der Betriebsrat hätte also im vorliegenden Fall darlegen und unter Beweis stellen müssen, dass die Arbeitgeberseite tatsächlich über die vorhandene TK-Anlage Kontrolle ausübt und nicht nur theoretisch ausüben kann. Die theoretische Kontrollmöglichkeit sieht das BAG als abstrakte Gefahr an. Diese abstrakte Gefahr genügt aber nach dem BAG nicht, um einen Anspruch auf einen eigenen Telefonanschluss außerhalb der TK-Anlage zu begründen. Im Wesentlichen ist das also eine Darlegungsfrage. Als abwegig sah das BAG die Rechtsmeinung des Betriebsrats also offensichtlich nicht an.
28.04.2016
Wer wir sind: Die Rechtsanwälte und Fachanwälte für Arbeitsrecht Volker Dineiger und Alexander Bredereck sind seit vielen Jahren schwerpunktmäßig im Bereich Arbeitsrecht tätig. Mit dem Thema Mindestlohn haben sie sich von Anfang an beschäftigt und die Entwicklung in den Medien kommentiert. Gemeinsam haben sie das Handbuch „Arbeitsrecht“ der Stiftung Warentest verfasst.
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